Atemluft: Feinstaub schädigt Nervenfasern im Gehirn

Jeder weiß, dass Feinstaub in der Luft schädlich sein kann. Besonders das kindliche Gehirn wird durch Feinstaub und Stickstoffdioxid belastet. Dies haben wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Niederlanden ergeben. Um sich vor dem Feinstaub zu schützen, ist es derzeit allerdings fast kaum möglich.

 

Feinstaub in der Atemluft: Risiko besonders hoch für Kinder

Kinder sind anfälliger für die gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltbelastungen, da ihre Körper noch wachsen und sich entwickeln. In städtischen Gebieten ist es besonders wichtig, dass Kinder saubere Luft atmen können, um ihr Wachstum und ihre Entwicklung nicht zu gefährden.

Neue wissenschaftliche Befunde könnten einige Eltern dazu veranlassen, lieber wenig befahrene Seitenstraßen zu wählen - denn das Gehirn von Kleinkindern befindet sich in einer heiklen Entwicklungsphase, in der wichtige Nervenverbindungen entstehen. Die eingeatmeten Schadstoffe – besonders der Feinstaub – könnten dieser Entwicklung schaden.

 

Schäden an Nervenfasern im Gehirn - Studien an 3000 Kindern durchgeführt

Die möglichen langfristigen gesundheitlichen Folgen von Luftschadstoffen werden in sogenannten Kohortenstudien untersucht. Dabei werden Tausende Menschen über Jahrzehnte hinweg immer wieder untersucht, um so einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten bestimmter Erkrankungen und Umweltfaktoren zu finden. Genau solch eine Studie ist die sogenannte Generation-R-Studie, die 2002 bis 2009 in Rotterdam durchgeführt wurde. In dieser Zeit haben fast 10 000 Kinder teilgenommen – die meisten schon als Föten, ab dem viertem Schwangerschaftsmonat. Dadurch kann rückwirkend auch gesagt werden, ob Umweltfaktoren während der Schwangerschaft Einfluss auf die Entwicklung der Kinder genommen haben könnten.

Um das Wachstum des Gehirns dieser Kinder zu messen, nutzten die Wissenschaftler ein bildgebendes Verfahren, die sogenannte Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI). Es erfasste, wie stark die wichtigen Nervenbahnen im Gehirn bis zum Alter von 10 Jahren gewachsen waren. Rund 3000 Kinder der Kohorte stellten sich für die Messung zur Verfügung und erlaubten so eine genauere Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Gehirnwachstum und Beweglichkeit.

 

Auswirkungen auf die Gesundheit

Die Ergebnisse der Studie: Je geringer die Schadstoffbelastung, desto stärker ausgeprägt waren bestimmte Nervenbahnen im Gehirn der Kinder.

Sowohl für die Belastung mit Stickstoffoxid (NO2) als auch für jene mit Feinstaub, wurde ein statistischer Zusammenhang gefunden. So könnte die Belastung mit Feinstaub bereits vor der Geburt und bis zu einem Alter von 5 Jahren einen Einfluss auf die Entwicklung der Hirnstrukturen nehmen. Für Stickstoffoxid fanden die Forscher erst für Belastungen im Kleinkindalter von 2 bis 5 Jahren einen Zusammenhang mit der Gehirnentwicklung. Hingegen fanden die Forscher ab dem Alter von 5 Jahren und bis zum Messzeitpunkt mit 10 Jahren keinen Zusammenhang zwischen der Umweltbelastung und der Hirnentwicklung. Möglich ist, dass die Luftschadstoffe vor allem in der früheren, heikleren Phase der Gehirnentwicklung eine Rolle spielen. Die ausgewerteten Daten deuten darauf hin, dass der Umfang der eingeatmeten Luftschadstoffe die Zellentwicklung im Gehirn somit beeinflussen kann. Ob und wie sich dies auf die Funktionsweise des Gehirns von Kindern auswirkt, ist jedoch noch unklar.

 

Großes Risiko für Schwanger und Fötus

Es ist also erstaunlich, wie stark die Feinstaubbelastung bereits in der Schwangerschaft auf den Gehirnaufbau einwirken kann. Bisher gingen viele Fachleute davon aus, dass der Fötus durch den mütterlichen Organismus bis zu einem gewissen Grad geschützt wird. Eine 2019 in «Nature Communications» erschienene Studie zeigte allerdings erstmals, dass Feinstaub bereits während der Schwangerschaft in den kindlichen Organismus gelangen kann. Die Forscher untersuchten mittels Bildgebung die Plazenta von Schwangeren. Alle untersuchten Schwangeren wiesen Feinstaub im Gewebe der Plazenta auf. Je stärker die Mütter Luftschadstoffe ausgesetzt waren, desto mehr Feinstaub fand man im Gewebe. Da die elementaren Nervenbahnen im Gehirn von der 13.-18. Woche angelegt werden, ist es möglich, dass Feinstaub in dieser Zeit das Wachstum der Neuronenverbindungsrezeptoren beeinflussen könnte.

 

Feinstaub kann die Blut-Hirn-Schranke überqueren

Die eingeatmeten Schadstoffe werden im Blutkreislauf verteilt und erreichen so über die Wände der Blutgefäße auch das umliegende Gewebe. Geschieht dies im Gehirn, spricht man von einer Durchbrechung der Blut-Hirn-Schranke. Sobald die Schadstoffe im Gehirn angekommen sind, bleibt vor allem Feinstaub dort lange Zeit zurück. Zudem besitzt das Gehirn noch einen weiteren Eingang für Luftschadstoffe wie Feinstaub: nämlich direkt über den Riechnerv von der Nase ins Gehirn. Die Partikel, die in das Gehirn gelangen, werden nur schlecht wieder abgebaut. Die Folge: oxidativer Stress - der das Gewebe zusätzlich schädigen kann. Zudem ist Feinstaub eine Art Schlepper bei der Blut-Hirn-Schranke: Die Partikel transportieren weitere Giftstoffe ins Gehirn, die ihrerseits zu noch mehr Schädigungen führen können.

 

Feinstaub kann man kaum entkommen

Feinstaub ist ein Problem, dem man kaum entkommen kann. Obwohl Stickstoffoxide fernab von Straßen deutlich abnehmen, ist Feinstaub nahezu überall verbreitet. Eltern können ihre Kinder also nicht komplett vor diesem Problem schützen. Dennoch lohnt es sich, den Umweg über die Seitenstraße zu nehmen und nicht direkt an der Hauptstraße zu gehen. Dort ist die Belastung mit Stickstoffoxiden etwas geringer. Gerade deswegen ist es so entscheiden und wichtig, für einen guten Ausgleich zu sorgen und regelmäßig in den Wald zu gehen.

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Sie Ihre Gesundheit schützen können, lesen Sie sich doch unseren Ratgeber “der kleine Atmos” durch.